Projekt 52 im September - Regen
Hallöchen, meine Lieben.
Ich folge der lieben Sari von Heldenhaushalt jetzt schon so lange und habe auf ihrem Blog schon so viele Beiträge zum Projekt 52 gelesen. Und jetzt - wo sich das Jahr so langsam aber sicher dem Ende zu neigt, möchte ich auch endlich mal daran teilnehmen.
Wenn ihr mehr darüber erfahren möchtet, dann schaut unbedingt einmal bei Sari und ihrem tollen Blog vorbei.
Da ich mich haupsächlich über das Schreiben auslassen kann und möchte, werdet ihr zu jedem der vorgegebenen Themen eine kleine Geschichte von mir bekommen.
💧Das Wort für diese Woche ist Regen und das ist meine kleine Geschichte dazu. 💧
Die Regenwolken hingen schon den ganzen Tag über der Stadt. Kein einziger Sonnenstrahl hatte den Weg durch sie hindurch gefunden. Mit einer Tasse Pumpkin Spice Latte saß Milea auf der großen Marmorfensterbank in ihrer Wohnung und sah hinaus. Die Regentropfen veranstalteten kleine Rennen auf der Fensterscheibe und manchmal bildete sich Milea ein, sie konnte das Kichern der Tropfen hören. Oder das wehleidige Seufzen, wenn ein anderer kleiner Wasserspritzer sein Ziel schneller erreicht hatte.
Sie liebte diese Jahreszeit, wenn es draußen stürmte und der Himmel voller grauer Wolken war. Am liebsten verkroch sie sich dann in ihrer Wohnung und saß auf der Fensterbank oder dem Sofa. Mal einfach nur mit einem heißen Getränk, aber an anderen Tagen auch mit einem Buch oder ihrem Laptop auf den Knien. In letzter Zeit hatte sie sich allerdings auch oft dabei ertappt, dass sie sich einsam und allein fühlte. Vor allem dann, wenn ihre beste Freundin Benita keine Zeit für sie hatte. Seit kurzem hatte Benita einen neuen Mann an ihrer Seite und auch, wenn sich Milea für ihre beste Freundin freute, wünschte sie sich dieses Glück manchmal auch.
Stattdessen saß sie jeden Abend alleine in ihrer Wohnung. Selbst durch ihre Arbeit in einem kleinen Café in der Innenstadt lernte sie kaum jemanden kennen, da sie sich meistens im hinteren Bereich des Cafés aufhielt.
Nur selten ließ sie sich im Ladenbereich blicken und kümmerte sich stattdessen um die Herstellung der Torten oder Cupcakes, die das Cafe anbot.
Milea seufzte leise, während sie einen Schluck von ihrem Pumpkin Spice Latte nahm. Der würzige Duft erfüllte die Luft, doch er konnte das leise Ziehen in ihrer Brust nicht vertreiben. Sie lehnte ihre Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und beobachtete, wie die Regentropfen weiter ihre kleinen Rennen veranstalteten. Die Welt draußen wirkte grau und schwer, fast so wie ihre Gedanken in letzter Zeit.
Am nächsten Morgen, als Milea im Café die Glasur auf eine frische Ladung Zimt-Cupcakes verteilte, hörte sie das vertraute Klingeln der Türglocke. Sie warf einen kurzen Blick durch den Durchgang zum Ladenbereich. Es war noch früh und die meisten Tische waren leer. Nur ein Mann stand am Tresen und seine Jacke glänzte feucht vom Regen. Er schüttelte sich leicht, wie ein Hund, der aus dem Wasser kam, während ein schiefes Lächeln über sein Gesicht huschte, als er sich entschuldigte.„Tut mir leid, ich mache hier alles nass“, sagte er zu Benita, die heute die Theke übernommen hatte.
Milea konnte sein Lachen durch die offene Tür hören. Es war warm und ein wenig rau, fast so, als hätte er es lange nicht benutzt. Etwas daran ließ sie innehalten, während sie die Spritztüte mit der Glasur noch in der Hand hielt.
„Kein Problem, ich wische das schon weg“, antwortete Benita fröhlich und reichte ihm eine Serviette. „Was darf ich Ihnen bringen?“
Milea wandte sich wieder ihren Cupcakes zu, doch ihre Gedanken schweiften ab. Sie war es gewohnt, unsichtbar zu bleiben und im Hintergrund zu arbeiten, während Benita mit den Gästen plauderte. Doch heute fühlte sich etwas anders an. Vielleicht war es das Wetter, das sie melancholisch stimmte, oder die leise Hoffnung, die in ihr keimte, ohne dass sie diese richtig greifen konnte.
„Milea!“ Benitas Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Kannst du mal kurz kommen? Wir haben hier einen Notfall!“
Milea wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und trat zögernd in den Ladenbereich. Der Mann stand immer noch am Tresen. Er sah sie an und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Seine Augen waren von einem warmen Braun, wie dunkler Honig und ein Funke Neugier blitzte darin auf.
„Notfall?“ fragte Milea und hob eine Augenbraue, während sie Benita ansah, die ein schelmisches Grinsen nicht verbergen konnte.
„Ja, ähm… dieser Herr hier“, Benita deutete auf den Mann, „sagt, unsere Zimt-Cupcakes sind die besten, die er je gegessen hat. Und er möchte wissen, wer die Zauberin hinter diesen Kreationen ist.“
Milea spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. „Oh… das bin wohl ich“, murmelte sie und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie war es nicht gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen.
„Ich bin Caleb“, sprach der Fremde sie an und streckte ihr die Hand entgegen. Und ich schwöre, ich habe noch nie einen besseren Cupcake gegessen.“
Milea lachte nervös und schüttelte seine Hand. Seine Finger waren warm, trotz des kühlen Wetters draußen. „Danke. Das… freut mich wirklich.“
„Caleb kommt übrigens fast jeden Morgen hierher“, warf Benita ein und Milea konnte förmlich hören, wie ihre Freundin die Situation genoss. „Aber er ist immer so früh da, dass du ihn wahrscheinlich nie gesehen hast.“
„Schuldig“, erwiderte Caleb und hob die Hände in gespielter Kapitulation. „Ich bin ein Frühaufsteher. Aber heute habe ich verschlafen, und jetzt… na ja, vielleicht war das Schicksal.“ Er zwinkerte und Milea spürte, wie ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Caleb tauchte immer öfter im Café auf, auch zu späteren Stunden und jedes Mal fand er einen Grund, mit Milea zu sprechen. Mal fragte er nach den Zutaten ihrer neuesten Kreation, mal erzählte er ihr von seiner Arbeit als freier Illustrator, der in der Stadt kleine Aufträge annahm. Seine Geschichten waren voller Leben und seine Begeisterung für die kleinen Dinge war ansteckend. Milea genoss die Momente und die Unterhaltung mit Caleb mit jedem Besuch im Laden mehr.
Eines Nachmittags, als der Regen wieder gegen die Fenster des Cafés prasselte, saß Caleb an einem Tisch in der Ecke und hatte einen Skizzenblock vor sich. Milea brachte ihm einen Teller mit einem neuen Cupcake, den sie am Morgen ausprobiert hatte. Kürbis mit einem Hauch von Kardamom.
„Testperson gesucht“, sprach sie ihn schüchtern an und stellte den Teller vor ihm ab. Caleb sah auf, und seine Augen leuchteten. „Nur, wenn du dich zu mir setzt und mir Gesellschaft leistest“, sagte er mit einem Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ. Zögernd setzte sich Milea, obwohl ihre Schürze noch voller Mehlspuren war. Sie sprachen über alles und nichts. Über ihre Liebe zu Herbststürmen und über Bücher, die sie beide gelesen hatten, und über die kleinen Momente, die das Leben besonders machten. Auch darüber, warum Milea Konditorin geworden war und Caleb Illustrator.
Zum ersten Mal seit langem fühlte sich Milea nicht allein. Es war, als hätte Caleb die grauen Wolken in ihrem Inneren ein wenig aufgehellt. Wie ein Sonnenstrahl, der sich durch die dichte Wolkendecke kämpfte.
Als der Abend kam und das Café schloss, trat Milea wieder zu Caleb in den Vorraum. „Hast du noch Lust auf einen Spaziergang?", sprach sie ihn an und lächelte leicht. „Und danach könnten wir einen Kaffee trinken. Oder einen Pumpkin Spice Latte, wenn du willst.“
Milea lächelte und ihre Finger spielten nervös mit dem Saum ihrer Schürze. „Gerne, Milea", erwiderte Caleb lediglich und erhob sich, um Milea aus dem Café zu folgen.
Und als sie an diesem Abend wieder auf ihrer Fensterbank saß, während die Regentropfen draußen ihre kleinen Rennen veranstalteten, fühlte sich die Welt nicht mehr ganz so grau an. Vielleicht, dachte Milea, war ihr persönliches Happy End gar nicht so weit entfernt. Vielleicht war Caleb der Sonnenstrahl, den sie in den letzten Wochen so verzweifelt gesucht hatte.
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