[ Grumpelview ] Immer noch ein Loch im Bauch, Nadja Losbohm?


Heute gibt es ein weiteres Interview mit Nadja Losbohm, denn das Grumpelchen hat sie heute nacht in seinen Schrank eingeladen. Und Nadja hat zugesagt.
 
Erzählerin
Mit einer Mischung aus Faszination und Frustration saß das kleine Grumpelchen schon seit Wochen in seinem Schrank und zerbrach sich den Kopf über eine neue Idee seiner Besitzerin.

 »Warum wälzt sie die ganze Arbeit eigentlich auf mich ab? Sie hat die Ideen, und ich darf sie ausarbeiten. Das stand definitiv nicht in der Stellenbeschreibung.«
Erzählerin:
Grummelnd griff es nach der Kaffeetasse, die neben ihm auf dem Boden stand, und nahm einen großen Schluck aus dieser. Der Griff der behaarten Finger ging zum Stift, den seine Besitzerin ihm bereit gelegt hatte.

»Liebe Nadja, schön dass du mal wieder in meinem Schrank vorbeischaust.«

»Ich freue mich sehr, dass du mir erneut ein Plätzchen freigeräumt hast. Hab vielen, vielen Dank dafür!«

Erzählerin:
Grübelnd legte er den Kopf schief und sah sich in seiner Behausung um.

»Müsste ich nicht eigentlich in ihrem Schrank sitzen?«
Erzählerin:
Kurz zuckte das Grumpelchen mit den Schultern und setzte den Stift erneut auf dem Blatt
Papier an.

»Durch meine Besitzerin weiß ich, dass du inzwischen auch unter die Lektorinnen gegangen bist, und da sie dieses Thema brennend interessiert, darf ich mir natürlich wieder ein paar Fragen überlegen.«
»Das stimmt. Neben dem Autorinnenleben führe ich inzwischen auch das Lektorinnenleben. Dann schieß mal los mit deinen Fragen. Ich bin gespannt auf sie.«

Erzählerin:
Erneut hielt das kleine Monster inne und tippte sich mit dem Stift grübelnd gegen die linke Kopfseite. Es wusste gar nicht, wo es anfangen sollte. Zu viele Fragen, auf die es eine Antwort haben wollte, waberten in seinem kleinen Kopf förmlich hin und her.
Also entschied es sich, einfach alle Fragen der Reihe nach aufzuschreiben.



1.»Wieso hast du dich dazu entschieden, zusätzlich zu deinem Autoren- und Privatleben auch noch als Lektorin zu arbeiten?«

Nadja: Das hat sich auf ganz natürlichem Weg ergeben, denke ich, und vielleicht war es der Prozess, den ich durchlaufen musste von der Autorin hin zur Lektorin. Ich hatte vor Jahren Freunden mit ihren Manuskripten geholfen, und dabei stellte sich heraus, dass ich Talent besitze für die Arbeit als Lektorin. Und erstaunlicherweise machte es mir schon damals mehr Spaß als das Schreiben. Da ich mein Lektorat jedoch nicht anbieten wollte, ohne mich zuvor weiterzubilden, habe ich auch das gemacht. Inzwischen darf ich mich zertifizierte Lektorin nennen und konnte bereits mit vielen wunderbaren Autor*innen zusammenarbeiten, darunter u.a. der preisgekrönte Autor Marc Remus, Mina Cult, TinaSusanne oder Ludwig Demar, um nur ein paar zu erwähnen.


2. Schreiben dich die Autoren einfach so über deine Homepage oder Social Media an? Und falls ja, kann das jeder tun?
Nadja: Zumeist kontaktieren mich die Autor*innen via Social Media. So geschehen zum Beispiel bei der Autorin TinaSusanne. Aber auch durch Weiterempfehlungen kommen neue Autor*innen zu mir und schreiben mir eine E-Mail oder Nachricht über Facebook oder Instagram. Und ja, das darf jede*r gerne tun. ♥
 
3. Wie wählst du aus, wem du letztendlich zusagst?


Nadja: Das hängt zum einen davon ab, in welchem Genre der/die Autor*in schreibt. Ich habe mich spezialisiert auf Märchen und Fantasy, da ich darin als Autorin tätig bin und mein Herz zudem als Leserin oder Zuschauerin für diese Bereiche schlägt. Ich bin auch offen für Liebesromane und Kinderbücher. Aber bei z.B. Krimis oder Thriller muss ich aus persönlichen Gründen ablehnen. Solche Geschichten vertrage ich nicht allzu gut. ;-) Zum anderen hängt es auch von meinem Terminkalender ab, ob ich ein Projekt annehme oder nicht.
 
4. Wie läuft so ein Lektorat bei dir ab? Worauf achtest du besonders?

Nadja: Zuallererst erfolgt ein Probelektorat, das zum einen dazu dient, dass sich meine Autor*innen einen Eindruck verschaffen, wie ich arbeite. Zum anderen sehe ich dadurch, wie viel an einem Text gemacht werden muss. Bei Auftragserteilung erstelle ich zunächst eine Analyse, die gewisse Punkte benennt und einschätzt, was schon gut ist, was verbessert werden sollte und auf was besonderes Augenmerk gelegt werden muss. Diese Analyse sende ich auch an meine Autor*innen, damit sie einen Überblick haben. Dann folgt der erste Lektoratsdurchgang, bei dem der Inhalt und die Struktur der Geschichte im Vordergrund stehen. Fallen mir währenddessen stilistische Dinge auf wie Wiederholungen, Füllwörter, Bandwurmsätze etc., benenne ich diese bereits. Auch Rechtschreib-, Grammatik- oder Kommafehler, die mir ins Auge stechen, markiere ich. Diese Punkte fallen zwar unter Korrektorat, aber was mir auffällt, das verschweige ich nicht. ;-) Haben meine Autor*innen die Überarbeitungen nach dem ersten Durchgang vorgenommen, erfolgt der zweite, bei dem ich verstärkt auf den Stil und die Formalien achte.

5. Dadurch, dass du selbst schon veröffentlicht hast, hast du jetzt eine andere Sicht der Dinge auf die Arbeit, die ein Lektorat mit sich bringt?

Nadja: Absolut! Nicht nur die Arbeit des Lektorats sehe ich mittlerweile mit anderen Augen, sondern auch das Schreiben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass vielen nicht bewusst ist, was beim Lektorat gemacht wird. Oft wird davon ausgegangen, dass Rechtschreibung, Grammatik und Kommasetzung geprüft werden und das war’s dann. Das ist aber ein Trugschluss, denn diese Punkte fallen in das Korrektorat. Natürlich benenne ich derlei Fehler, wenn sie mir beim Lektorat auffallen. Doch das Lektorat an sich befasst sich u.a. mit dem Plot, der Einhaltung der Erzählperspektive, der Logik, der Tonalität (= passt der Ton zum Inhalt und der Zielgruppe), der Gliederung des Buches, dem Stil (Füllwörter, Wiederholungen, Vergleiche, Satzlänge etc.), der einheitlichen Schreibweise zum Beispiel von Zahlen, Namen usw. Hier und da muss auch mal ein Satz verschoben oder etwas gestrichen werden. Ich weiß, das mögen die meisten Autor*innen nicht. Gefällt mir selbst ja auch nicht. ;-) Aber wenn man eine*n gute*n Lektor*in hat, sollte man ihr/ihm vertrauen, dass sie/er es nicht böse meint oder willkürlich tut, sondern sich schon etwas dabei denkt. Letzten Endes ist es allerdings auch so: Alles kann, nichts muss angenommen werden in Hinblick auf Vorschläge. Nur bei sprachlichen und schreibhandwerklichen Dingen sollte es nur selten Kompromisse geben. Ich bin in dieser Hinsicht vielleicht sehr pingelig und streng, aber so sehe ich es nun einmal. 
 

6. Ich weiß, über Geld spricht man nicht, aber wie regelst du das mit der Bezahlung? Im Voraus oder erst nach dem fertigen Lektorat?

Nadja: Wenn man so will, biete ich Ratenzahlung an. 
Das hat sich inzwischen bewährt und ist für die meisten Autor*innen angenehmer. Konkret bedeutet das, dass ich eine erste Rechnung stelle über die Hälfte der vereinbarten Gesamtsumme, wenn ich 50 Prozent des Manuskripts lektoriert habe. Der Restbetrag kommt dann in einer Abschlussrechnung, wenn ich die letzten 50 Prozent des Manuskripts lektoriert habe. Dies ist jedoch individuell und kann auch gedrittelt oder geviertelt werden. Je nachdem, wie es am besten passt für meine Autor*innen.


7. Glaubst du, dass jedes Buch ein professionelles Lektorat braucht oder ist es einfach nur eine nützliche Zusatzleistung?
Nadja: Jedes Buch, das geschrieben wird mit der Absicht, es zu veröffentlichen, sollte ein professionelles Lektorat durchlaufen. :)
Erzählerin:
Nach diesen sieben Fragen legte es den Kopf schief und den Stift an die Seite. Es las sich die Fragen abermals durch, bevor es sich ein neues Blatt Papier zur Hand nahm und erneut zu schreiben begann.

 
»Sehr geehrte Frau Nadja,
Hiermit möchte ich Sie recht herzlich in meinen Schrank einladen, um bei Kaffee, Tee und Keksen ein wenig zu plaudern.
Ich habe mir bereits ein paar Fragen überlegt und würde mich sehr freuen, Sie in meinem Schrank begrüßen zu dürfen.
Hochachtungsvoll, ihr Grumpelchen.«

 
Erzählerin:
Zufrieden steckte es den Brief in einen Umschlag und adressierte ihn, um ihn Nadja Losbohm zukommen zu lassen.
In der Hoffnung, sie bald in seinem Schrank begrüßen zu können.
Allein für das Schreiben hatte es sich in der Zwischenzeit doch einen Kaffee und ein paar zusätzliche Kekse redlich verdient, oder?


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